5. Juni 2022
Zwischen Schule und Stasi, Party und Partei
Schulzeit in der DDR – ein Zeitzeugenvortrag
Am 19. Mai 2022 sprach Markus Rückert im Musikhaus im Rahmen der Tertialsvorträge für die Profilstufe über seine Jugend und Schulzeit in der DDR. Markus Rückert wohnt jetzt in Heusenstamm bei Frankfurt und hat den Birklehof bereits im Rahmen eines Profilabends mit seiner Theatergruppe und dem Stück „Sparkle Shark“ besucht. Martin Zeidler hatte den persönlichen Kontakt hergestellt.
Im Herbst 89 ist Markus Rückert im Alter von 16 Jahren mit seiner Familie über Polen aus der DDR geflohen, sein Vater flüchtete über Ungarn. Erst im Westen traf die Familie wieder zusammen und kamen bei einer Tante unter, zu siebt in einer 2-Zimmer Wohnung.
In seinem Vortrag konnte Markus Rückert schnell die Aufmerksamkeit der Schüler gewinnen. Packend erzählte er von seinen Erlebnisse als Jugendlicher mit den Institutionen und Autoritäten in der damaligen DDR und traf damit auf großen Interessen bei den zahlreichen Birklehofer:innen.
Ohne die Zustände in einem totalitären Staat zu beschönigen, schilderte Markus Rückert in lockerer Folge mit viel Humor und anhand von mitgebrachten DDR-Requisiten persönliche Geschichten aus dem mitunter absurden Alltag. Und das durchaus mit einem „ostalgischen“ Augenzwinkern, bisweilen wurde man an Till Eulenspiegel erinnert: Wenn zum Beispiel Jungen, die ihr Taschengeld aufzubessern wollten, mit vier Ostmark fürs Pflücken von Johannisbeeren bezahlt wurden, die sie für zwei Ostmark im anderen Laden um die Ecke kaufen konnten.
Doch Markus Rückert berichtete auch von ernsten Erlebnisse, etwa von dem Machtmissbrauch einer Lehrerin, die ihn zwang, seine „heiligen“, über den Westen mühevoll besorgten Micky Maus-Hefte selbst zu zerreißen.
Über seine Motivation sagt Markus Rückert: „Ich glaube, dass wir vieles aus dem Geschichtsunterricht vergessen, da es oft so wenig mit dem eigenen Leben zu tun hat. In meinem Vortrag berichte ich genau aus dem Alter der Zuhörer. Ich möchte ein lebendiges Bild der DDR vermitteln, und durch die sehr persönlichen Geschichten bleiben Gefühle und Empfindungen länger im Gedächtnis als Zahlen und Daten.“
Die SchülerInnen der Jahrgangsstufe 9 bis 11 konnten jedenfalls vieles sehr gut nachvollziehen, zeigten große Resonanz und stellten viele Fragen. Ihnen möchte Markus Rückert mit auf den Weg geben: „Aus Sein folgt nicht Sollen: Nicht davon ausgehen, dass nur, weil etwas immer schon so war, es weiter so sein muss. Immer die Begründung finden, immer hinterfragen und nach besseren Möglichkeiten und Lösungen suchen. Alles kann sich verändern.“
Text: Martin Zeidler
Fotos: Wolfgang Finke
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