Zwischen Euphorie und Verzweiflung
Julia unterwegs mit den Pinguinen auf der zweiten Probe-Expedition für den Duke of Edinburgh-Award in Gold.

18. Juni 2021

Zwischen Euphorie und Verzweiflung

Auf den Expeditionen für den Duke of Edinburgh-Award gelangt man schon mal an die eigenen Grenzen / 

Bei der zweiten Probeexpeditionen für den Duke of Edinburgh-Award geht es auf eine selbst organisierte dreitägige Wandertour abseits der Zivilisation. Mitte Juni starteten mehrere Gruppen vom Birklehof durch den Hochschwarzwald. Julia Witzku war mit ihrer Gruppe unterwegs und schildert ihre Erlebnisse:   

„Sieben Wanderrucksäcke stehen bereit, voll bepackt und ziemlich schwer. Gleich davor: die sieben Mitglieder der Gruppe Pinguin. Die zweite Probeexpedition für den Duke of Edinburgh Award kann beginnen.

Drei Tage lang soll es durch den Hochschwarzwald gehen. Die Regeln: keine Zivilisation, keine Handys. Stattdessen: Karte, Kompass und Proviant aus dem Rucksack. Dass es eine Herausforderung werden sollte, war zu Beginn der Expedition allen klar.

Dann ging es los. Der erste Streckenabschnitt führte quer über die Windeck, 1.208 Meter hoch und der Hausberg Hinterzartens. Es stellte sich heraus, dass die selbstgeplante Route wohl doch nicht so einfach war. Der Aufstieg brauchte länger als geplant. Endlich oben begann es dann auch noch zu regnen und es zeigte sich, wer seinen Rucksack am geschicktesten gepackt hatte. Bei manch einem Gruppenmitglied lag die Regenjacke irgendwo vergraben zwischen Nudeln und Müsli.

Mit der Zeit drängte sich die Frage auf: Sind wir hier eigentlich noch richtig? Dass die Antwort „Nein“ lautete, verstanden alle schnell. Die Karte wurde herumgereicht. „Wir haben uns verlaufen“. Das musste die Gruppe Pinguin sich eingestehen. Die Idee, Freunde als Chauffeur zu engagieren, wurde in den Raum gestellt und schnell wieder verworfen. Ob das wohl aufgeflogen wäre? Stattdessen wurde Frau Fass kontaktiert, und sie erbarmte sich als Chauffeurin. Auf einem Wanderparkplatz wurden noch schnell die letzten blutigen Fußprobleme geregelt, bevor es dann zur Unterkunft ging. Die hatte sich die Gruppe selbst organisiert.

Auf dem Gelände eines Hotels in Altglashütten schlug die Gruppe Pinguin die Zelte auf einer kleinen Wiese auf. Direkt gegenüber stand eine Pizzeria, deren Toiletten zur Benutzung geöffnet waren. Der Tag war lang gewesen. Also wurden Gaskocher und Spaghetti ausgepackt. „Ich habe gerade gegrillt“, verkündete da der Hotelbesitzer: „Wollt ihr etwas?“ Regelverstöße werden beim Duke recht streng geahndet. Selbstverständlich haben wir höflich abgelehnt, auch der Versuchung einer Pizza haben alle widerstanden.

Die größte Erkenntnis des Abends: Welche Wirkung ein paar Gruselgeschichten auf 16-19-jährige haben können.

Am nächsten Morgen ging es dann ans Spülen und Kaffeekochen, bevor die eigentlich größte Herausforderung der Expedition anstand: Teile der Gruppe zum Aufstehen bewegen. Anscheinend lässt es sich nämlich auch in einem fast abgebauten Zelt gut schlafen und nicht mal Kaffee lockt genug.

Pünktlich um 8:30 Uhr, also genau eine halbe Stunde zu spät, starteten wir zur zweiten Etappe. Nur noch einmal kamen wir kurz vom Kurs ab, dann waren und blieben wir auf dem richtigen Weg. Was auch daran gelegen haben könnte, dass die Kartenbeauftragten an diesem Tag andere waren.

Von da an lief die Wanderung gut. Vorbei am Windgfällweiher und durch viele kleine schöne Dörfer, von deren Existenz fast niemand von uns vorher wusste, fand unsere Gruppe reibungslos ihren Weg. Die Mittagspause verbrachten wir in einer leer stehenden Burgruine. Mit Pumpernickel und Frischkäse machte das Wandern plötzlich ziemlich viel Spaß.

Die Übernachtungsstätte in dieser Nacht: das noch geschlossene Freibad in Kappel bei Lenzkirch. Auf Liegestühlen sahen wir uns lange die Sterne an, spielten Uno zusammen und diskutierten die Essensrationen aus. Zugegeben: Ein wenig mehr Proviant hätte gutgetan. Zwischenzeitlich wurde sogar das Frühstück für den nächsten Morgen entführt. Ein wenig fühlte sich das Leben im Freibad wie Urlaub an. Nur Wasser war leider keines im Becken.

Der letzte Tag machte das Abenteuer dann komplett. Der Weg führte einen Abhang hinunter mitten durch einen dichten Wald. Ein bisschen wirkte die Szenerie wie im Film „Jurassic Park“. Doch statt auf einen Dinosaurier stießen wir auf Rehkitze, die allerdings auch einen ganz schönen Schrecken auslösten. Dann ging es über eine Brücke, die ihre besten Tage lange hinter sich hatte, und weiter die Route entlang.

Was hier so harmonisch klingt, war es in Wahrheit nicht immer. Von Erwartungen jeglicher Art sollte man sich vor der Duke-Expedition jedenfalls besser freimachen. Denn wie geplant läuft wenig. Und unter allen Umständen muss man auf seine Gruppe verlassen können. Aber vielleicht lehren Chaos und das Unvorhergesehene ja gerade, flexibel zu sein und das Beste aus jeder Situation zu machen.

Am Abend wieder in der Zivilisation anzukommen war ein unbeschreibliches Gefühl. „Wir haben es geschafft“, war das Motto. Zwischen Euphorie und Verzweiflung, Streit und Harmonie und vielen lustigen Momenten hat der Duke nämlich vor allem zwei Dinge gebracht: Spaß und jede Menge Lebenserfahrung.“

 

Text: Julia Witzku
Fotos: Dagmar Fass