Hybridunterricht: Sie ist über Beamer oder über die Rechner der Schüler zugeschaltet.
Hybridunterricht: Sie ist über Beamer oder über die Rechner der Schüler zugeschaltet.

23. Dezember 2020

Unterricht in zwei Welten

Die Schule Birklehof hat die vielfältigen pädagogischen Herausforderungen des Fern- und Hybridunterrichts angenommen und steckt sich neue Ziele /

Pädagogisches Handeln ist nicht mehr nur auf reale Klassenräume begrenzt, sondern findet Corona-bedingt mittlerweile auch am Rechner, zu Hause oder auf dem Zimmer statt. Unterricht aus der Ferne oder als Hybridunterricht in gemischten Formen von Präsenz- und Fernunterricht sind mittels digitaler Aufzeichnungs- und Übertragungstechnik zu festen Bestandteilen an unserer Schule geworden. Nach Wochen im Lockdown light und bei zuletzt wieder verschärften Hygiene- und Abstandsregeln war dies zweifellos das Gebot der Stunde.

Es geht: Unterricht aus der Ferne

Erklären und nachfragen, lernen und vertiefen, Projektarbeit und Hausaufgaben, Gruppenarbeit und Präsentieren und demnächst auch Leistungsnachweise und Klassenarbeiten − viele Elemente des Unterrichts können auch aus der Ferne nachvollzogen werden. Die technische Ausstattung der Klassenräume am Birklehof macht es möglich, dass Schülerinnen und Schüler, die etwa noch nicht anreisen konnten oder aber sich auf dem Campus in vorsorglicher Quarantäne befinden, von einem anderen Ort am Unterricht teilnehmen könnten.

Die Lehrerin im Cyberspace

Oder auch, dass eine Lehrkraft den Unterricht aus der Ferne leitet wie zum Beispiel Ankatrin Lorenz. Die Lehrerin für Mathematik und Physik ist schwanger und gehört damit zur Risikogruppe. Sie unterrichtet Ihre Klassen wie die 9b seit Mitte Oktober per Livestream, der von ihrem Zuhause ins Klassenzimmer übertragen wird. „In den ersten Wochen mussten wir uns noch einspielen und austesten, wie die Kommunikation mit den Schülern am besten funktioniert. So ist die Lösung entstanden, dass alle Schüler mit eigenen Geräten und Kopfhörern im Unterricht sitzen. Das vermeidet Rückkopplungen, und die Schüler könne über ihr eigenes Mikrofon Antworten geben. So kann ich sie am besten verstehen.“

Guter Unterricht erfordert auch mehr Eigenveranwortung 

Nach zwei Monaten Fernunterricht via Videokonferenz kann sie eine erste Bilanz ziehen: „Der gravierendste Unterschied zwischen Präsenz- und Fernunterricht ist der fehlende persönliche Kontakt. Die feinen zwischenmenschlichen Interaktionen, die so nebenbei laufen, fehlen im Onlineunterricht. Hier ist die Eigenverantwortung der Schüler gefragt, da ich nicht mehr so einfach am Gesichtsausdruck ablesen kann, wie viel sie gerade verstehen. Sie müssen bei Fragen selbst aktiv werden, damit eine schnelle Unterstützung möglich ist.“

Und das funktioniert recht gut, weiß Ankatrin Lorenz zu berichten: „Bisher habe ich nicht das Gefühl, dass das Leistungsniveau sich verschlechtert hat. Die Klausuren sind gut ausgefallen. Das liegt aber auch daran, dass sich alle Schüler engagiert beteiligen und nicht versuchen, sich heraus zu ziehen. Das ist eine großartige Leistung der Schüler!“ Sie ist überzeugt, dass auch online es möglich ist, fachlich guten Unterricht zu gestalten und den Schülern neues Wissen und Können zu vermitteln. Dabei steige jedoch auch die Anforderungen an die Eigenverantwortung der Schülerinnen und Schüler, da es schwieriger sei zu erkennen, was sie im Unterricht machen oder benötigen.

Schulveranstaltungen im Stream

Auch viele außerunterrichtliche Schulveranstaltungen werden am Birklehof inzwischen grundsätzlich in hybrider Form abgehalten, so etwa die tägliche Pausenkonferenz des Kollegiums. Die Schulversammlung, die montägliche Zusammenkunft zum gemeinsamen Start in die Woche, findet nun nur noch für jeweils eine Klasse oder Jahrgangsstufe wie gehabt im Saal des Musikhauses statt. Dort werden die Präsentationen, Musikdarbietungen, Ansprachen und Ansagen von der Technik AG gestreamt und in die verschiedenen Klassenräume übertragen, wo die anderen Schülerinnen und Schüler in ihrer jeweiligen Kohorte das Geschehen über Beamer verfolgen.

Wie sollen schülereigene Geräte eingesetzt werden?

So haben alle Beteiligte mittlerweile eine gewisse Routine in den technischen und organisatorischen Fragen gewonnen haben, dennoch bedürfen viele Details im täglichen Umgang mit den digitalen Medien noch der Absprache: etwa der Umgang mit privaten Geräten wie iPad oder Handy im Unterricht oder auch ihre Nutzung außerhalb des Unterrichts. Hier sind differenzierte und transparente Regelungen notwendig, je nach Altersstufe und Kenntnissen. Auf einer zusätzlichen Konferenz der pädagogischen Mitarbeitenden kurz Weihnachten wurde dazu intensiv beraten und eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die Vorschläge erarbeiten soll.

Die spezifischen Stärken des Präsenz- und des Fernunterricht nutzbar machen

Vor allem aber soll der pädagogische Mehrwert für die Nutzung digitaler Endgeräte im Unterricht genauer bestimmt werden. Sie bieten unübersehbare Vorteile etwa bei der Internetrecherche, bei Simulationen oder beim kollaborativen Arbeiten. Aber ebenso klar war es Konsens untern den Pädagogen und Pädagoginnen, dass kein Schüler, keine Schülerin acht Stunden am Stück am Bildschirm sitzen darf, dass klare Strukturen, Pausen und körperliche Bewegungen gerade beim Fernunterricht essenziell sind. Und eine traditionelle Kulturtechnik wie das Schreiben mit der Hand wird nicht nur in den Abiturklausuren weiterhin wichtig sein und muss deshalb geübt werden, sondern sie fördert insgesamt die intellektuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Schule Birklehof hat sich für die nächste Zeit zum Ziel gesetzt, ein differenziertes und vielfältiges Arsenal an Methoden und Instrumenten für den computergestützten Unterricht zu entwickeln, damit in beiden Formen des Unterrichts ihre jeweiligen Stärken und Vorteile für die Schülerinnen und Schüler zum Tragen kommen. 

Fotos: Hanspeter Trefzer, Wolfgang Finke
Text: Wolfgang Finke